Die Geschichte von meinem ersten Flugzeug
Es war an einem kalten Winterabend im Jahr 2009, als ich mit meiner Frau zu Hause vor dem Fernseher saß und wir uns „Pretty Woman“ mit Julia Roberts und Richard Gere ansahen. Es gibt in diesem Film eine Szene, die den Beginn meines eigenen Flugzeugabenteuers markieren sollte. Es ist die Szene, in der Edward Vivien in die Oper einlädt. Sie trägt ein bezauberndes rotes Kleid und er hat einen Privatjet organisiert, der sie beide zur Oper bringt. Als wir das sahen, schaute ich meine Frau kurz an und sagte nur zu ihr: „Eines Tages…“
Sämtliche Namen, sowohl von Firmen als auch von Privatpersonen, sind in diesem Bericht geändert oder wurden weggelassen, da niemandem geschadet werden soll.
Wie die Idee entstanden ist, ein eigenes Flugzeug zu kaufen
Sowohl beruflich als auch privat war ich schon immer gerne und viel auf Reisen, was sich ab etwa 2015 nochmals verstärkte. Oft hatte ich an einem Tag mehrere Termine in zwei verschiedenen Städten. Da es geschäftlich sinnvoll war, begann ich, privat zu fliegen, auf kleinen Flughäfen mit kurzen Wegen zu landen oder im General Aviation Terminal immer direkt vom Flugzeug zum Termin zu gehen.
Citation Mustang – meine ersten Flüge mit Privatjets hab ich meistens mit diesem Flugzeug gemacht.
Auf diese Weise war es mir beispielsweise möglich, am frühen Morgen von Altenrhein nach Warschau zu einer Messe zu fliegen und anschließend gleich weiter nach Wien zu reisen, um mit einem Notar noch im Terminal einige Unterschriften zu erledigen. Direkt neben dem Jet stand wiederum bereits der Helikopter bereit, der ein paar gute Freunde und mich, noch bevor es dunkel wurde, nach Schladming zur Saisoneröffnung, direkt vor das Hotel brachte.
Damals flog ich immer mit derselben Firma, die zwei Mustangs sowie kleine Privatjets mit Platz für vier Passagiere und einer guten Reichweite, in Betrieb hatte. Schnell freundete ich mich mit dem Chefpiloten dieses Betriebs an und bald darauf entstand die Idee, ein eigenes Flugzeug zu kaufen und in den Charterbetrieb zu nehmen. Sogleich sprach ich mit meinem damaligen Geschäftspartner darüber und wir ließen uns beraten, schauten Kalkulationen an und ließen uns zeigen, wie so ein Flugbetrieb aussehen könnte. Es war klar, dass man mit dem Verchartern nicht das große Geld würde verdienen können, aber mein Freund, der Chefpilot, war sehr aktiv, umtriebig und hatte viele gute Kontakte, sodass klar war, dass das Flugzeug zumindest sehr gut ausgelastet sein würde. Damit würden sich die Kosten für den Eigenbedarf senken lassen und die Maschine wäre verlässlich vermietet. Dazu würde es einen fairen Vertrag geben, sodass, wenn alles gut laufen würde, das Flugzeug einen kleinen Gewinn abwerfen würde.
Mir ging es vor allem um den Eigenbedarf und die Idee, einen eigenen Jet zu besitzen, war eine sehr Attraktive. Zudem war es auch eine Art Diversifikation des Anlageportfolios, in welchem ich Firmenanteile von Unternehmen aus verschiedenen Branchen besitze. Im frühen Sommer 2017 wurde diese Idee dann konkret.
Mein Freund, der Chefpilot, machte sich auf die Suche und reiste in die USA, um ein passendes Flugzeug zu finden. Nach einigen Wochen wurde er dann fündig: Eine fast neue Phenom 100E, die als Vorführmodell von Embraer genutzt wurde. Sie hatte wenig Flugstunden und die beste Ausstattung, die es für diesen Flugzeugtyp gab.
Ein Volltreffer – für 3,3 Millionen USD. Es fielen zwar ein paar zusätzliche Kosten für die Überstellung nach Europa sowie einige kleine Umrüstungen an, aber dafür half uns Embraer, Pilotenzulassungen zu bezahlen. Ich wusste damals noch nicht, dass es für diesen Flugzeugtyp kaum Piloten in Europa gab. Die Maschine entsprach zwar in manchen Aspekten dem Standard, war aber so modern, dass Schwierigkeiten mit der Bedienung auftreten konnten. Auch war ich beruflich viel zu beschäftigt, um mich näher damit zu befassen. Daher setzte ich mein volles Vertrauen in meinen Freund, der bereits zwei Flugzeuge im Betrieb hatte.
Mein damaliger Geschäftspartner und ich kauften das Flugzeug. Wir wollten es bar bezahlen, daher gab es keine Fragen zur Finanzierung und wir konnten den Kaufvertrag direkt unterschreiben. Aber zwischen dem Moment der Zusage und dem Tag, an dem die Zahlung fällig gewesen wäre, kündigte mir meine Hausbank überraschend die Konten. Die Gründe dafür sind zu komplex, um sie hier zu beschreiben. Das Problem war jetzt, dass ich, bis sich eine neue Bank finden ließ, erst einmal keine Anzahlung leisten konnte.
Da ich unverschuldeterweise in ein Zivilverfahren in den USA geraten war, welches zu dem Zeitpunkt immer noch lief, wollte mich keine der 17 Banken, die ich in den darauffolgenden Tagen kontaktierte, ein Firmenkonto eröffnen lassen. Überall hieß es: „Mit einem laufenden Verfahren in den USA können wir nichts für Sie tun.“
Über Kontakte, und eine gefühlte Ewigkeit später, fand ein Freund von mir einen Anwalt, welcher wiederum jemanden in einer großen Vermögensverwaltung kannte, der mich einem Bankier vorstellig machte, der mir schlussendlich helfen konnte. Die Wochen zogen ins Land, aber Anfang Dezember 2017 konnte ich dann die Anzahlung von 600.000 USD leisten.
Die Katastrophe
Als mein Freund, der Chefpilot, aus den USA zurück war, trafen wir uns und begannen zu planen. Da der Mangel an Piloten nach wie vor bestand, war klar, dass es noch einige Monate dauern würde, bis wir in den vollen Flugbetrieb würden gehen können. Mein Freund hatte allerdings einige junge, motiviere Kollegen an der Hand, welche die Ausbildung in den kommenden Wochen machen würden. Bis dahin würden wir das Flugzeug mit freiberuflich arbeitenden Piloten ab circa Februar selbst nutzen können.
Davor, im Dezember 2017, wollte meine Frau mit unseren Kindern für eine Woche nach Tallinn fliegen, wo wir zwei bis drei Mal im Jahr hinreisen. Ich brachte meine Familie also zum Flughafen und sie flogen mit meinem Freund, dem Chefpiloten, in einer Mustang nach Tallinn. Ich selbst wollte einige Tage später nachreisen, da ich noch Gast auf einer großen Weihnachtsgala und dortiger Sponsor war. Meine Familie flog also nach Tallinn und ich fuhr mit dem Auto nach München.
An diesem Tag telefonierte ich nicht mehr mit meiner Frau, da es viel zu tun gab. Ich besuchte die Gala und schaute nicht weiter auf mein Handy. Am nächsten Morgen – es ging eher schon auf Mittag zu – las ich in den Nachrichten eine Überschrift, die mein Herz für einige Momente zum Stillstand brachte:
Das Flugzeug mit meinem Freund, dem Chefpiloten, war abgestürzt und alle Passagiere tödlich verunglückt.
Es war ein kurzer Artikel, aber ich war komplett aufgelöst, nicht mehr in der Lage, die Worte auf dem Bildschirm zu lesen. Wo und wann es passiert war, konnte ich in diesem Moment nicht einmal wahrnehmen – alles, was ich sah, waren die im Wald verstreuten Wrackteile von dem Flugzeug, in das meine Familie am Tag davor eingestiegen war.
Die Zeit blieb stehen und ich muss gestehen, noch nie in meinem Leben so viel Angst verspürt zu haben wie in diesem Moment. Es dauerte einige Minuten, bis ich den Artikel lesen konnte und sah, wo und wann der Absturz stattgefunden hatte. Der Pilot hatte meine Familie am Vorabend noch sicher abgeladen und mir ein Bild von ihm und meinem Sohn im Cockpit geschickt, was ich erst später gesehen habe. Dann flog er weiter, um einen anderen Gast abzuholen und auf diesem Flug geschah schließlich diese Katastrophe.
Die Mustang ist ein kleines Flugzeug und, wie mir gesagt wurde, wegen der Gewichtsklasse praktisch der einzige Jet, der keinen Flugschreiber hat. Das Unglück passierte bei schlechten Wetterbedingungen, was allein jedoch nicht der Grund gewesen sein konnte. Bei so einem Desaster spielt im Regelfall eine Serie von Umständen eine Rolle, über die ich aber nicht weiter spekulieren möchte.
Eigentlich sollte ich noch an dem Tag weiterreisen, wozu ich aber verständlicherweise nicht in der Lage war. Der Schock und die Trauer saßen zu tief. Erst zwei Tage später bin ich nach Tallinn gereist und ich kann versichern, dass ich mich noch nie so gefreut habe, meine Kinder und meine Frau in den Arm nehmen zu können.
Was machen wir jetzt mit dem Flieger? Wie ging es weiter?
Der Schock saß immer noch tief und mir wurde bewusst, wie nahe ich an einem Unglück dran war. Die Tragödie mit der Mustang hätte genauso jedes andere Flugzeug ereilen können und nur zwei Flüge vorher saß meine ganze Familie in ebendieser Maschine.
Was ich allerdings erstaunlich fand, war die Tatsache, wie schnell sich mehrere Firmen meldeten, die das Geschäft mit dem Flugzeug abschließen wollten. Aus einem Geschäft, über das ich nicht groß hatte nachdenken wollen, weil ich einem Freund vertraute, wurde plötzlich ein erheblich größeres Unterfangen, in die ich mit meiner mangelnden Expertise auf diesem Gebiet geraten war. Trotzdem mussten Entscheidungen getroffen werden, denn das Flugzeug war unterwegs und wollte bedient werden.
Unter allen Optionen, die uns offenstanden, entschieden wir uns, die Maschine mit demselben Team zu betreiben, das mein Freund, der Chefpilot, aufgebaut hatte. Kunden, ein Verkaufsteam und Erfahrung waren vorhanden. In dieser, doch recht überwältigenden Situation schien dies der logischste Ausweg für uns. Wir schlossen also den Vertrag mit der Firma ab.
Nur wenige Tage später beschloss der Besitzer der Fluggesellschaft, den Betrieb doch nicht fortführen zu wollen. Die Firma wurde aufgelöst und die zweite Mustang in den Ruhestand geschickt. Wir hatten also auf einen Schlag Betreiber, Verkaufsteam und den Rest der Operation verloren.
Da mein damaliger Geschäftspartner sehr passiv war, musste ich alle Entscheidungen selbst treffen. Ich konnte nur nach meinem Bauchgefühl gehen und vertraute das Flugzeug einer Firma aus Wien an, die mehrere Maschinen in Betrieb hatte und schon zuvor in Verbindung mit der aufgelösten Fluggesellschaft gestanden hatte. Mein Geschäftspartner stellte damals seine Fluglizenz für die beiden Mustangs bereit und ich hatte die Hoffnung, dass wir damit vielleicht noch von den Piloten und dem Verkaufsteam zwei bis drei Mitarbeiter würden mitnehmen können. Eigentlich war ich ab da nur noch verzweifelt, zumal ich beruflich bedingt keine Zeit hatte, mich mit so etwas zu beschäftigen. Aber die Verantwortung für die ganze Operation lag nun bei mir.
Das liebe Geld….
Zur Überstellung des Flugzeugs und zum Beginn des ganzen Prozederes hätte jetzt nur noch die Restzahlung von 2,7 Millionen USD geleistet werden müssen. Die Überweisung sollte von meinem damaligen Geschäftspartner aus Dubai kommen. Das dauerte Wochen. Laufend fragten wir bei den Banken nach, ließen uns Swift-Bestätigungen schicken und immer wieder kamen nur neue Ausreden. Es dauerte acht Wochen, bis ich die Geduld verlor, meinen damaligen Geschäftspartner aus dem Vertrag gehen ließ und das Flugzeug von meinem eigenen Geld bezahlte.
Diese Zahlung über Dubai war ein Trauerspiel, welches unglücklicherweise aber auch nicht das Letzte gewesen sein sollte. Heute wissen wir, dass der Bankier die Finanzen von meinem damaligen Geschäftspartner abzweigte, später auf der Flucht war und dabei aber gefasst wurde. Er ist zwar mittlerweile in Dubai inhaftiert, aber das Geld ist bis zum heutigen Tag verschwunden.
Ich bezahlte das Flugzeug mit meinem eigenen Geld und war dadurch der alleinige Besitzer. Die Maschine wurde im Januar 2018 überstellt und in den folgenden Wochen wurden in Bremen die notwendigen technischen Veränderungen für einen Flugbetrieb in Europa vorgenommen. Etwa ab Mitte Februar stand das Flugzeug für private Flüge für mich bereit. Kommerzielles Fliegen wäre ab Juni möglich gewesen, aber zumindest konnte ich selbst mit meiner Maschine reisen.
Die Freude auf der schönen Begrüßung in Friedrichshafen hielt sich, trotz Feuerwehr und Wasserfontänen, in Grenzen, zumal alle Anwesenden enge Freunde des Unfallpiloten waren. Neben dem großen persönlichen Verlust wurde mir bewusst, dass selbst wenn von jetzt an keine Probleme mehr auftreten würden, ich mein Möglichstes tun würde, um zumindest den finanziellen Verlust einzudämmen, denn die Hauptverantwortung lag immer noch bei mir. Alles, was mit diesem Flugzeug in Verbindung stand, schien unter einem schlechten Stern zu stehen.
Empfang in Friedrichshafen
Der erste Flug mit meinem eigenen Flugzeug
Erinnern wir uns aber zurück an die Geschichte von „Pretty Woman“, wie Vivian von Eduard im roten Kleid in die Oper geflogen wurde.
In jener Zeit bin ich zwar praktisch wöchentlich privat irgendwohin geflogen, aber eben mit anderen Maschinen.
Ab dem 4. Februar war dann mein eigenes Flugzeug bereit für meine private Nutzung und es gab einen Chefpiloten, der diese Flüge für mich machen würde. So ergab sich Folgendes: Meinen ersten Flug mit der Maschine konnte ich zusammen mit meiner Frau unternehmen. Allerdings flogen wir nicht irgendwo hin, sondern zum Opernball nach Wien – sie in einem traumhaft roten Kleid. Wir hatten mit Freunden im Hotel Bristol in der Opernsuite eingecheckt und verbrachten einen wunderbaren Abend in der Staatsoper.
Es waren zwei Worte, in einem emotionalen Moment, zehn Jahre zuvor, die den Grundstein für diese abenteuerliche Serie von Ereignissen – manche schön, viele leider tragisch – legten, die dann zu diesem zauberhaften Abend führten. Man könnte fast meinen, das Universum habe alles so arrangiert.
Dies könnte man als den absoluten und, leider, auch einzigen Höhepunkt bezeichnen, den uns diese durchwegs durchwachsenen Ereignisse bescherten.
Zwei Jahre Geduld gepflastert von Rückschlägen und Misserfolgen
Ich möchte nur kurz einige Episoden aus dieser Serie von Misserfolgen, Pannen und unglücklichen Zufällen erzählen, obwohl es eine ganze Reihe an Geschichten gäbe, die, für sich genommen, schon unglaublich klingen und in der Summe schon fast verrückt erscheinen müssen.
Als Erstes bildeten wir einen jungen Piloten aus, der davor mit der Mustang geflogen ist. Er kam zur Begrüßungsfeier, zu der er noch ein kostspieliges Landetraining absolvierte, das selbstverständlich ich bezahlen durfte.
Eigentlich kannte ich den jungen Flugzeugführer schon und, weil er sonst immer offen und nett gewesen war, war ich in dem Moment etwas verwundert, wie passiv er sich mir gegenüber verhielt. Jedenfalls erhielt er von mir Ausbildung im Wert von insgesamt circa 25.000 Euro.
Nach der abgeschlossenen Ausbildung kündigte er nur eine Woche später und begann für eine andere Firma zu fliegen. Leider hatte es der Verantwortliche versäumt, hier ordentliche Verträge aufzusetzen.
Als wir dann die Zulassung hatten, sind wir gelegentlich geflogen, allerdings meistens mit Freiberuflern im Cockpit. Als wir endlich einen Chefpiloten für die erste Mannschaft gefunden hatten, zog sich dieser kurz darauf einen so komplizierten Bruch an der Hand zu, dass er fünf Monate nicht fliegen durfte. Bis auf wenige Ausnahmen gab es 2018 daher keine kommerziellen Flüge.
Einmal sollte meine Frau nach Tallinn fliegen. Da das Flugzeug voll mit Kindern und Gepäck war, mussten sie in Berlin zwischenlanden, um aufzutanken. Bei der Landung kam es zu einer Kollision mit einem großen Vogel, dessen Federn danach immer noch am Fahrwerk klebten. Das Flugzeug konnte nicht mehr weiterfliegen und wir mussten eine andere Maschine für sie organisieren.
Bei meinem letzten Flug sollte es nach Berlin gehen, wobei wir in Nürnberg notlanden mussten, weil sich das Fahrwerk nicht einfahren ließ. Eine Hydraulikpumpe war defekt, was eigentlich zu verkraften gewesen wäre, wenn das Flugzeug nicht schon zwei Mal in den Wochen davor genau deswegen in der Werkstatt gewesen wäre. Weil es nicht ordentlich instandgesetzt wurde, durfte ich die Reparatur dreimal bezahlen, was bei 40.000 Euro pro Ausbesserung eine kostspielige Angelegenheit wurde.
2019 hatten wir nur eine Mannschaft, obwohl für einen voll laufenden Betrieb doppelt so viel Personal notwendig gewesen wäre, das sich, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren, alle zwei Wochen hätte abwechseln müssen. Für eventuelle Ausfälle griffen wir auf freiberufliche Piloten zurück.
Wir sind also ab und zu geflogen und es stellte sich heraus, dass, wenn die Maschine tatsächlich fliegt, gutes Geld damit zu verdienen ist. Das Flugzeug überzeugt durch Effizienz und ist daher bei den Kunden sehr beliebt.
Sehr knapp schafften wir es durch das Jahr 2019 und fanden dann endlich einen weiteren Chefpiloten, der nach 15 Jahren bei seiner Firma kündigte, und ab 1. März 2020 für uns im Cockpit saß. Nun hatten wir eine vollständige Crew und unsere Kunden waren Künstler und DJs, die wir auf Festivals nach Ibiza und deren Auftritten flogen, sowie Geschäftsleute, die zu Messen und Konferenzen gebracht werden wollten. So kam Hoffnung und etwas Freude auf…
Am 1. März 2020 hatten wir dann eine eigene vollständige Crew und konnten ohne Freiberufler fliegen. Sofort gab es mehr Buchungsanfragen als wir bedienen konnten, da wir fast zum selben Preis fliegen konnten wie eine Mustang, jedoch viel mehr Komfort, Luxus und ein erheblich größeres Flugzeug anbieten konnten.
Dann kam Corona…
Zum 1. Mai 2020 schickten wir alle Piloten, die wir in zweijähriger mühsamer Arbeit bekommen hatten, in Kurzarbeit und parkten das Flugzeug. Wir ließen noch einen Service, der alle paar Monate fällig ist, machen und glaubten noch daran, dass die Sommersaison wieder gut werden würde. Wenn uns diese ganze Misere eines gelehrt hat, war es Geduld.
Während andere Privatjet-Firmen ihre Kunden noch transportieren konnten, gab es für unsere Kundschaft kein Ziel, das angeflogen hätte werden können. Keine Konzerte, keine Festivals, keine DJs, die in Clubs oder auf Ibiza spielten, keine Messen, keine Konferenzen. Aber die Uhr tickte… die Uhr, die sagte, dass jeden Monat ca. 30.000 Euro in den Äther verschwanden. Denn auch ein Flugzeug auf dem Boden hat gewisse Grundkosten, die bezahlt werden wollen.
Schnelles Handeln war jetzt gefragt
Mit dem langen Lockdown wurde mir schnell klar, dass ich wohl würde aufgeben müssen. Es gab zwar die Hoffnung, dass gerade wegen Corona viele Leute privat fliegen würden. Die Frage war aber:
Wohin sollen unsere Kunden fliegen, wenn es keine Konzerte und keine Messen mehr gibt? Es gab schlichtweg zu wenig Anfragen und so entschied ich mich zu einem Ende mit Schrecken, anstatt einem Schrecken ohne Ende: Verkaufen und aussteigen.
Das war im Mai 2020 und es gab gleich mehrere Interessenten. Dadurch hatten wir eine Basis, von der aus wir einen guten Preis aushandeln konnten, was klar von Vorteil war. Der Verkauf sollte bis Anfang Juli abgeschlossen sein, da es konkrete Interessenten gab, die sofort kaufen wollten.
Beim ersten Interessenten scheiterte es an der Finanzierung, womit der Juni schon vorbei war, ohne dass etwas weiter ging. Dann entschieden wir uns für einen Käufer, der die Piloten behalten würde, damit diese anschließend gleich weiterfliegen könnten. Wir haben den Verkaufsprozess im Juli gestartet und dafür vier Wochen veranschlagt.
Aber… es wäre nicht dieses Flugzeug, wenn das alles auch so gekommen wäre.
Deja vu – Warten auf das Geld aus Dubai
Der Käufer war zwar aus der EU, aber, ähnlich wie mein vormaliger Geschäftspartner und ich, bezahlte er das Flugzeug selbst – ohne Finanzierung – und überwies das Geld von einer seiner Firmen aus Dubai.
Es sollte also wieder zu Verzögerungen kommen. Ein Prozess, der mir, leider, schon sehr vertraut war. Selbst wenn das Geld dann auf seinem Konto in Österreich angekommen wäre, würde die Compliance Abteilung ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und einen Herkunftsnachweis verlangen – was schnell wieder einige Wochen dauern würde.
In diesem Sommer war ich sehr beschäftigt. Da Afrika aufgrund der Pandemie recht frei von Bergsteigern war, nutzte ich die Gelegenheit, den Kilimanjaro ganz exklusiv mit meinem Bruder und einem kleinen Team aus der Schweiz zu besteigen. Eine willkommene Ablenkung, zumal ich eigentlich auch nichts mehr von der ganzen Misere wissen wollte.
Denn zu all dem Theater kam jetzt noch dazu, dass meine Bank keine Geschäfte in USD abwickeln konnte, was aber die Standardwährung für alle Transaktionen mit Flugzeugen ist. Ich war also leider wieder einmal in der Situation, keine Bank zu haben, mit der ich das Geschäft hätte abwickeln können. Nervös machte mich das nicht mehr – irgendwann gewöhnt man sich dran, nicht zu wissen, wie es wohl weiter gehen wird.
Jede Nachricht, die ich über das Flugzeug erhielt, schien eine Hiobsbotschaft zu sein. Einmal ging es um zusätzliche Kosten für eine Pilotenausbildung, dann wieder um einen Service und dann gab es
natürlich weitere Verzögerungen mit dem Geld aus Dubai. Irgendwann habe ich resigniert und die Ohren zu gemacht.
Während der Corona-Pandemie konzentrierte ich mich dann hauptsächlich auf die positiven Dinge im Leben und blendete alles Negative nach Möglichkeit aus. Eine Eigenschaft, an der ich auch in Zukunft fleißig arbeiten werde, da sie meiner Familie und mir sehr guttat.
Insgesamt war alles ein Déjà-vu. Das Geld war sieben Wochen lang unterwegs und als es dann schlussendlich beim Käufer auf dem österreichischen Konto ankam, wurde dieses Konto sofort aus den oben genannten Gründen gesperrt. Wie erwartet zog sich also alles immer weiter hin.
Im ersten Kaufvertrag stand eine falsche Währung, denn wir hatten es doch noch irgendwie geschafft, das Geschäft in EUR abzuwickeln. Im zweiten Kaufvertrag stand dann die falsche Seriennummer, was diesen leider auch hinfällig machte. Aber alle guten Dinge sind bekanntlich drei und so könnte man jetzt denken, dass nach so einer Pechsträhne das Glück auch einmal auf meiner Seite sein könnte.
Vertragsabschluss an einem besonderen Tag
Der Tag, an dem alles unter Dach und Fach gebracht wurde und die ganze Tragödie für mich ein Ende nahm, war mein Geburtstag. Zumindest an diesem Tag bescherte mir diese ganze Misere also ein schönes Geschenk. Dem Käufer wünsche ich alles Gute und dass er hoffentlich nicht abergläubisch ist, denn es war ein Freitag, der 13. – und das im Jahr 2020.
Ich könnte diese Geschichte noch weiter mit Erlebnissen, die zu der Abfolge passen, ausschmücken. Alles hat sich genau so zugetragen und wenn mich heute jemand fragen würde, was ich anders machen würde, dann habe ich eine klare Antwort:
Wenn Du einen Wunsch ans Universum schickst, dann benenne ihn konkret und formuliere ihn ganz genau aus!
Ich wünschte mir ein Flugzeug, mit dem ich meine Frau in einem roten Kleid in die Oper fliegen würde. Das habe ich bekommen.
Ich vergaß jedoch mir zu wünschen, eine erfolgreiche Fluglinie betreiben zu wollen, die mir gute Gewinne einbringt und ich vergaß, mir zu wünschen, viele Jahre große Freude an meinem Flugzeug haben zu können.
Das würde ich also nächstes Mal anders machen… ansonsten hatte es definitiv etwas für sich, einen nagelneuen Privatjet zu besitzen und mit Freunden auf Partys nach Amsterdam und Ibiza fliegen zu können!
In Zukunft werde ich aber wieder Kunde von jemandem sein, der so ein Abenteuer eingegangen ist und hoffen, dass er mehr Glück hat als ich.