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Formel 1 in Südfrankreich für Hobbyfahrer

Schon als kleiner Junge träumte ich davon, selbst einmal im Cockpit eines Formel 1 Autos sitzen zu dürfen. Bei den Fernsehübertragungen saß ich gebannt vor dem Bildschirm und war fasziniert von den gewagten Überholmanövern und der atemberaubenden Geschwindigkeit der Wagen auf den Geraden. Als ich von der Möglichkeit hörte, in Le Luc in Südfrankreich selbst in einem Formel 1 Boliden Platz nehmen zu dürfen, war mir klar: „Dieses Abenteuer möchte ich so bald wie möglich eingehen.“

Die Rennstrecke in Südfrankreich

Zunächst einmal recherchierte ich im Internet, wo die Rennstrecke in Le Luc zu finden ist. Bis zu diesem Zeitpunkt verband ich Südfrankreich mit mondänen Badeorten, traumhaften Stränden und gutem Essen, aber sicherlich nicht mit Rennstrecken. Ich war überrascht, zu erfahren, dass Le Luc nur rund 100 Kilometer von Nizza entfernt liegt. Für die Anreise mit dem Flugzeug ist es möglich, direkt vom Flughafen einen Helikopter zu buchen, der einen zum Hotel und, nach dem Erlebnis auf der Rennstrecke, zurückbringt.

Hier einige Daten zu dem Rundkurs:

  • Erbaut im Jahr 1966
  • Initiiert von dem Formel 1 Rennfahrer Maurice Trintignant
  • Länge: 2,2 Kilometer
  • Breite: 9 Meter
  • 1989 vollständige Erneuerung mit Spezialbelag

Diese Daten fand ich interessant und die Tatsache, dass ein ehemaliger Formel 1 Pilot in der Nähe wohnte und den Bau vorantrieb, war mir neu.

Die Spannung steigt – los geht es zur Rennstrecke

Dieser abenteuerliche Tag begann sehr früh, als wir bereits um sechs Uhr morgens von unserem Hotel abgeholt wurden. Mit von der Partie war sogar die aus dem Skiweltcup bekannte Dominique Gisin. Es war mir eine Ehre, mit der Olympiasiegerin plaudern zu dürfen, die sicherlich keine Angst vor der Geschwindigkeit haben würde.

Aber wie sah es mit den anderen Teilnehmern aus? Ich kann nicht für alle sprechen, aber bei mir persönlich überwog die Vorfreude. Schließlich hatte ich schon seit Jahrzehnten davon geträumt, einmal selbst mit einem Formel 1 Auto eine spektakuläre Rennstrecke befahren zu dürfen.

Zunächst erfolgte eine umfassende Einschulung am Platz. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war

jedem klar, dass sich ein Rennwagen ganz anders verhält als die handelsüblichen Gefährte, die man in der heimischen Garage findet. Die enorme Kraft, die in den Boliden steckt, darf nicht unterschätzt werden. Nur eine falsche Bewegung oder ein zu frühes Abbremsen kann dazu führen, sich neben und nicht auf der Strecke wieder zu finden.

Genau das ist zwei Teilnehmern passiert. Eine der Regeln, die es auf der Rennstrecke gibt, lautet: Sollte man im Kies landen, endet das Erlebnis und man wird auf die Zuschauerränge verbannt. Das Gaspedal mit Bedacht zu bedienen, liegt folglich im eigenen Interesse.

Der Vormittag: Formel 3000

Nach einer technischen und strategischen Einschulung ging es endlich hinaus zu den Rennwagen.
Der Vormittag war der Formel 3000 gewidmet, deren Gefährte etwas einfacher zu lenken und zu bedienen sind als die der Königsklasse. Zum Einstieg durften wir zweimal acht Runden in den Boliden absolvieren. Schon beim ersten Drücken des Gaspedals war ich von der enormen Kraft des Autos überwältigt. Die Rennwagen liegen überraschend gut in den Kurven. Allerdings musste ich meinen ganzen Mut zusammennehmen, um spät genug die Bremse zu betätigen, um ausreichend Anpressdruck aufbauen zu können.

Am Anfang ist es normal, dass zu früh gebremst wird. Da man in der Kurve kaum Gas geben kann, rollt man dann praktisch nur dahin. Das Fahrgefühl ist mit jenem in einem handelsüblichen Auto nicht zu vergleichen. Das Cockpit ist eng und der ohrenbetäubende Lärm äußerst gewöhnungsbedürftig. Das Kreischen der Motoren bekam ich hautnah mit. Kein Wunder, denn immerhin saß ich in dem Formel 3000 Wagen nur zwei Zentimeter über dem Boden. Als ich zum zweiten Mal meine acht Runden fahren durfte, fühlte ich mich dann schon viel sicherer.

Und nun: die Königsklasse

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Nach einem schmackhaften Mittagessen, bei dem alle Teilnehmer begeistert von ihren Erfahrungen mit den Formel 3000 Autos erzählten, ging es weiter zu den Formel 1 Boliden. Vorher stand wieder ein Briefing auf dem Programm. Die Formel 1 wird nicht umsonst als Königsklasse bezeichnet. Hier wurde uns rasch klar, welch schwere Arbeit die wahren Profis in jedem Rennen und Training leisten. Der erste Teilnehmer in meiner Gruppe schaffte schon die dritte Kurve nicht und wurde somit für den Rest des Abenteuers leider zum Zuschauer. Als ich bemerkte, welche Probleme die Mitglieder meiner Gruppe hatten, die mit dem Formel 3000 Wagen ausgezeichnet zurechtgekommen waren, stiegen meine Nervosität und Anspannung. Das Kuppeln fällt in einem Formel 1 Boliden besonders schwer, und das nicht nur Laien.

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Selbst professionellen Fahrern stirbt der Motor dabei sporadisch ab. Anfänger wie wir nutzen die Kupplung bereits nach wenigen Starts komplett ab. Wir ließen diese so lange schleifen, dass unsere Ohren aufgrund des Lärms zu schmerzen begannen, aber anders war es für uns nicht möglich, das Gefährt in Bewegung zu bringen. Kaum berührte ich das Gaspedal, heulte der Motor auf.

Und das mit einer Lautstärke, die die des Formel 3000 Wagens um einiges übertraf. Dann ging es auch schon los. Auf die erste Gerade, die ich sehr vorsichtig in Angriff nahm. Mit jeder Runde stiegen mein Mut und die Bereitschaft, das Gaspedal, welches ich vorher nur mit äußerster Vorsicht und sehr sachte bedient hatte, ganz zu berühren. Die Geschwindigkeit raubte mir den Atem und in der fünften Runde dachte ich, die Leistung des Boliden zumindest einigermaßen ausgelotet zu haben.

Ein Trugschluss, wie ich in der späteren Taxifahrt erfahren sollte. Dabei fuhr ich im Rennwagen hinten mit, während ein professioneller Pilot den Boliden mit 250 km/h über die Rennstrecke lenkte. Ich denke, der Grund, warum man nur eine zwei Runden dauernde Taxifahrt machen kann, ist der, dass man von der ersten Sekunde an kaum noch atmen kann. Länger wäre das unerträglich.

Zum Vergleich: Während ich die Runden in ungefähr 1:20 Minuten absolvierte, war die Fahrt mit dem professionellen Fahrer gute 30 Sekunden kürzer.
Ich befand mich zwar schon in vielen extremen und abenteuerlichen Situationen, aber keines dieser Erlebnisse war so intensiv wie diese Taxifahrt in einem F1 Auto.

An Stellen, an denen ich zuvor schon voll in die Bremsen gedrückt hatte – das nahm ich zumindest an, aber, wie sich herausstellte, gab ich nur ungefähr 20 kg in die Bremse, wohingegen Formel 1 Fahrer bis zu 150 kg Druck geben – schaltete der Pilot noch einen Gang höher und bediente die Bremse erst so spät, dass ich schon befürchtete, als Wanddekoration am Rande der Fahrbahn zu enden. Es ist unfassbar, mit welcher Geschwindigkeit so ein Auto in der Kurve hängen kann. Im Fernsehen sieht das so ruhig und ausgeglichen aus. Ein Trugschluss, wie ich in diesem Abenteuer am eigenen Leib erfahren konnte.

Was F1 Piloten leisten, ist in meinen Augen schon fast übermenschlich, denn, während wir allein auf der Strecke waren und ich schon nur als Beifahrer überfordert war, sind in einem Rennen noch 30 andere Autos auf der Strecke.
Von 0 auf 200 km/h in unter fünf Sekunden und von 250 km/h auf unter 50 km/h in weniger als 50 m und das alles mit scharfen Kurven und einer Straße, die sich abrupt verengt.

Ich kann nur sagen: Das zu erleben ist sehr intensiv und ich wollte mehr davon!